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Rendezvous der Träume

Der Besuch der Ausstellung »Rendezvous der Träume« in der Hamburger Kunsthalle war für mich als Künstler im Bereich der abstrakten Malerei ein sehr inspirierendes Erlebnis. Die Ausstellung bringt zentrale Werke des Surrealismus mit Gemälden der deutschen Romantik in einen unerwartet intensiven Dialog – und zeigt dabei auf, wie nah sich scheinbar weit entfernte Kunstrichtungen sein können.

Der Surrealismus entstand in den 1920er-Jahren als künstlerische und geistige Bewegung, die sich von Logik, Vernunft und bewusster Kontrolle befreien wollte. Geprägt vom Einfluss der Psychoanalyse Sigmund Freuds, begaben sich surrealistische Künstler wie Max Ernst auf die Suche nach einer tieferen Realität – der Welt der Träume, des Unbewussten, der inneren Bilder. Ihre surrealistischen Arbeiten treten hier in der Kunsthalle in einen anregenden Austausch mit Werken der deutschen Romantik, etwa von Caspar David Friedrich. Friedrichs Landschaften wirken auf den ersten Blick ruhig und kontemplativ, doch sie sind zutiefst symbolisch: Die Natur wird zur Projektionsfläche innerer Zustände, zur Bühne für Einsamkeit, Sehnsucht, spirituelle Suche. Die Verbindung zur surrealistischen Kunst liegt in genau dieser Hinwendung zum Inneren. Während Max Ernst Träume malt, malt Friedrich die Stille des Denkens. Beide durchbrechen die sichtbare Welt – der eine ins Mythisch-Irreale, der andere ins Transzendente und Erhabene.

Was mich persönlich am meisten beschäftigt hat, ist die Verbindung zwischen Surrealismus und abstrakter Malerei. Auch wenn die abstrakte Kunst, wie ich sie praktiziere, oft ganz ohne figurative Elemente auskommt, teilt sie mit dem Surrealismus ein zentrales Anliegen: das Sichtbarmachen des Unsichtbaren. Surrealistische Techniken wie der Automatismus (spontane, unkontrollierte Ausdrucksformen) flossen später direkt in abstrakte Positionen ein – von den amerikanischen »Abstract Expressionists« bis hin zu aktuellen Formen der gestischen Malerei. Auch in meiner Arbeit nutze ich intuitive Prozesse, lasse mich von inneren Bildern leiten, ohne sie im klassischen Sinne abzubilden. Insofern sehe ich den Surrealismus nicht nur als historische Bewegung, sondern als wichtigen Impulsgeber für eine freie, expressive und emotionale Bildsprache, wie sie auch in der zeitgenössischen abstrakten Malerei zu finden ist.

»Rendezvous der Träume« zeigt eindrucksvoll, dass Kunst nicht in starren Kategorien existiert. Surrealismus, Romantik und abstrakte Malerei verbindet mehr, als man denkt: Sie alle öffnen Fenster in innere Räume – in das, was nicht gesagt, aber gespürt werden kann. Für mich war der Ausstellungsbesuch nicht nur ein großartiges, sondern auch ein bestätigendes Erlebnis: In der Auseinandersetzung mit den Werken von Max Ernst und Caspar David Friedrich habe ich neue Verbindungen zu meiner eigenen Arbeit gefunden – und eine Erinnerung daran, warum es sich lohnt, das Unsichtbare zu suchen.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 12. Oktober 2025
Hamburger Kunsthalle | Hamburg

Rendezvous der Träume

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